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01/04/2018 - News | Mobilitätsmanagement | Elektromobilität | Mobilität und Nachhaltigkeit | ÖPNV

01/04/2018 - Effiziente, umweltschonende Mobilität: Agenda Bozen vorgestellt

Mobilität in Südtirol wird von Seiten des Landes ganzheitlich konzipiert. Landeshauptmann Arno Kompatscher und Mobilitätslandesrat Florian Mussner sowie Mobilitätsabteilungsdirektor Günther Burger haben das Mobilitätsmanagement des Landes am 3. Jänner in Bozen präsentiert.

Das Land setzt mit einem Netz von günstigen öffentlichen Verkehrsmitteln und verkehrsträgerübergreifenden Vorhaben auf effiziente umweltschonende Mobilität und Lebensqualität vor allem auch in den Dörfern. Leitmotiv ist #südtirolverbinden. Dass die Fahrtrichtung stimmt, zeigen die Zahlen, die Entwertungen im öffentlichen Nahverkehr sind demnach weiter angestiegen und damit auch die Tarifeinnahmen. Waren es 2013 noch 49,2 Millionen Entwertungen, sind es 2016 53,3 Millionen Entwertungen. Die Tarifeinnahmen betrugen 2013 rund 32,2 Millionen Euro und 2016 knapp über 40 Millionen Euro. Allein für die Bahn in Südtirol hat pro Jahr fast zehn Millionen Fahrgäste. „Unser Projekt Südtirol Bahn geht nun in die nächste Runde“, erklärt Landesrat Florian Mussner „wir wollen die Eisenbahn als Rückgrat unserer Mobilität weiter stärken und sie mit umweltfreundlichen Angeboten flächendeckend vernetzen“, betont der Landesrat.

„Das Mobilitätskonzept zielt darauf ab, umweltbelastenden Verkehr zu vermeiden, möglichst viel Verkehr zu verlagern und Verkehr zu verbessern“, erklärte Abteilungsdirektor Günther Burger. Ein wichtiges Planungsinstrument ist der Landesmobilitätsplan, den die Landesregierung in Kürze genehmigen wird. Er beinhaltet die strategischen Ziele, die Infrastrukturen und die Qualitätskriterien für die öffentlichen Verkehrsmittel, definiert die Frequenz und Vertaktung der Verkehrslinien und die Mindestdienste und Einzugsgebiete für die Ausschreibungen. „Aktuell können bereits 93 Prozent der Menschen in Südtirol auf öffentliche Verkehrsmittel in 500 Metern Entfernung zugreifen“, berichtete Burger. Um die Anbindung der ländlichen Gebiete zu gewährleisten und damit die Wohnqualität in den Dörfern zu steigern, sieht der Plan vor, die peripheren Linien (plus 46 Prozent), aber auch die Hauptlinien (plus 18 Prozent) und die lokalen Linien (plus 16 Prozent) zu verstärken. Rückgrat der Mobilität ist die Bahn. „Derzeit fahren an Werktagen fast alle halbstündlich, in Zukunft sollen alle Züge halbstündlich verkehren und auf Hauptlinien wie Meran-Bozen und der Brennerlinie viertelstündlich“, erklärte Burger das neues Fahrplanmodell 2018-2026.

„Ausgehend von den Fahrplänen müssen wir die Infrastruktur anpassen und können den lokalen Bahnverkehr deutlich stärken“, betonte Landeshauptmann Kompatscher und verwies auf das Rahmenabkommen mit RFI, als „Durchbruch“ nach vielen Jahren Verhandlungen mit italienischen Schienennetzbetreiber RFI und dem zuständigen Ministerium in Rom. Zu den großen gemeinsamen Mobilitätsvorhaben gehören die Elektrifizierung der Vinschger Bahn, der Virgltunnel in Bozen, der Ausbau der Bahnlinie Meran-Bozen, die Riggertalschleife und die Mobilitätszentren, wobei alle Vorhaben wichtig sind für die Vertaktung landesweit.

Was die Riggertalschleife und den HUB Bahnhof Brixen anbelangt, die für Fahrten auf der Pustertaler Linie eine Zeitersparnis von 15 Minuten bringen, würde das Projekt in Kürze an RFI übergeben; im Rahmenabkommen RFI-Ministerium seien dafür 150 Millionen Euro vorgesehen und 95 Millionen Euro bereits finanziert, so Kompatscher.

Die Elektrifizierung der Vinschger Bahn geht voran. Derzeit laufen Anpassungsarbeiten an den Gleisen und Bahnsteigen. „Damit erreichen wir, dass längere elektrobetriebene Flirtzüge mit mehr Sitzplätzen halbstündlich auf der Linie fahren, die wir schrittweise nach Bozen durchbinden können“, erklärte Kompatscher. Investiert werden rund 72,8 Millionen Euro; finanziert über einen Darlehensvertrag mit der Europäischen Investitionsbank EIB.

Agenda Bozen

Ein Blick auf die Verkehrsflüsse macht es deutlich: Bozen ist täglich Ziel tausender Menschen, und zwar im Privatauto, vor allem im Süd-Westen. „Die Zählstelle in Frangart beispielsweise verzeichnet im Schnitt pro Tag auf 39.000 vorbeifahrende Pkws, jene am Pillhof 26.000 und jene in Leifers/Steinmannwald 23.000“ berichtete Mobilitätslandesrat Florian Mussner. Dazu kommen noch die Pkw aus anderen Richtungen.

„Wir setzen für Bozen auf ein Gesamtkonzept, das Metrobus, Bahn, Busse, Tram sowie einen Mobilitätsknoten bei Sigmundskron und mehrere Infrastrukturvorhaben, kombiniert und voll greift, sobald diese umgesetzt sind“, betonte Landeshauptmann Arno Kompatscher.

Der Metrobus als wichtiger Teil dieses Gesamtkonzepts, befördert bereits täglich 3000 Fahrgäste. Die Entwertungen sind von 2014 bis 2017 um 21,24 Prozent gestiegen. „Mit dem Metrobus haben wir auf der Hauptachse Kaltern-Eppan-Bozen Bahnhof ein schnelles und bequemes Verkehrsmittel, seit Dezember 2017 sogar mit 15-Minuten-Takt, auf das viele im Umkreis der Orte zugreifen können“, unterstrich Mussner. „Wenn ich mit dem Metrobus fahre, habe ich Vorfahrt auf der ganzen Strecke – dies zeigt eine neue Dimension der Mobilität, die richtungsweisend für die Zukunft ist, nämlich: mit den öffentlichen Verkehrsmitteln kommt man schneller, bequemer und günstiger voran, als mit dem Privatwagen“, hob Mussner hervor. Mit dem neuen intelligenten Ampelsystem ab Februar, der reservierten Fahrbahn und den neuen busgates für barrierefreien Einstieg soll der Metrobus weiter Fahrt aufnehmen und im Endausbau bis zu 19.000 Fahrgäste pro Tag transportieren.

Über das Rahmenabkommen mit dem italienischen Schienennetzbetreiber RFI können zwei weitere wichtige Vorhaben für Bozen bis 2025 umgesetzt werden.

Die Bahnlinie Meran-Bozen auf der bestehenden Trasse von 26 Kilometern zweigleisig ausgebaut, zuerst auf dem Abschnitt Bozen-Terlan. „Damit haben wir ein 90 Prozent besseres Angebot, weil vier Züge pro Stunde fahren können, zwei davon sind Regionalexpresszüge mit nur zwei Halten, die eine um 35 Prozent kürzere Fahrzeit haben“, sagte Kompatscher und machte ein Beispiel: „Mit dem Auto braucht man so ohne Stau 34 Minuten und hat Fahrkosten von 13,20 Euro - mit der Bahn beträgt die Fahrzeit 26 Minuten und die Fahrt mit dem Südtirolpass für Vielfahrer kostet 99 Cent“. Im Rahmenabkommen RFI-Ministerium sind für die Gleispotenzierung rund 200 Millionen Euro vorgesehen.

Gearbeitet wird laut Landeshauptmann derzeit auch am Einreichprojekt für den Virgl-Tunnel für die Bahn. Dieser bietet Sicherheit vor Steinschlag, ermöglicht drei Gleise und somit eine unabhängige Einfahrt der Bahn auf der Strecke Meran-Bozen ohne Kreuzung mit der Nord-Süd-Linie, bringt eine kleine Beschleunigung in Richtung Meran und bindet den Bahnhof in nur sechs Minuten an das neu zu bauende HUB, die Mobilitätsdrehscheibe in Sigmundskron und von dort ans Überetsch an. Im Rahmenabkommen RFI-Ministerium sind für den Virgl-Tunnel rund 55 Millionen Euro vorgesehen. Geplant sei auch ein neuer Bahnhof in Leifers, so der Landeshauptmann.

„Eine strategische Schlüsselstelle und zugleich Drehscheibe für schlaue Mobilität wird bei Sigmundskron mit einem Intermodalknoten HUB entstehen, wo die Linien für Bus, Tram, Bahn, Rad, Taxis usw. zusammenlaufen“, kündigte Kompatscher an. Der Mobilitätskonotenpunkt als „Zukunftsbahnhof“ ermöglicht schnelles zu- und Umsteigen zwischen den verschiedenen Mobilitätsangeboten, kürzere Wege und bessere Orientierung. Derzeit wird die beste Lösung für die Zusammenführung der Mobilitätsformen für das HUB Sigmundskron studiert.

Die innerstädtische Tramline 1 der Gemeinde Bozen vom Stadtzentrum über das Krankenhaus bis zur Etschbrücke fügt sich laut Kompatscher gut in das Gesamtkonzept ein und ist gerade was die Verteilung der aus dem Überetsch kommenden Pendler in der Stadt eine Ergänzung zum Metrobus. In Zukunft könne die Tramlinie eventuell auch ins Überetsch verlängert werden, sagte Kompatscher.

Mit neuen Zügen werden indessen bereits 80 Prozent der Fahrten im Regionalverkehr der Bahn in Südtirol abgewickelt. Künftig soll das gesamte Angebot mit neuen nutzerfreundlichen Zügen sein. „Erst kürzlich haben wir weitere 67 Millionen Euro an die STA - Südtiroler Transportstrukturen AG für den Ankauf von 7 neuen Zügen gegeben“, sagte Kompatscher.

Verkehrsgipfel und A22 in Bozen

Es gebe einen Konsens für die Einführung einer Korridormaut von München bis Verona zur Vermeidung von Umwegverkehr und zur Verlagerung von Schwerverkehr, so Kompatscher. „Wie auch von Infrastrukturminister Graziano Delrio betont, ist es wichtig auch eine Angleichung der derzeitigen Niedrigpreise für Diesel im Inntal zu erzielen, denn rein rechnerisch fällt das mehr ins Gewicht als die Kosten der Maut, allein dadurch spart man 30 Prozent“, sagte der Landeshauptmann. Voranzutreiben ist laut Kompatscher auch Verlagerung auf die Schiene, wozu es Verladebahnhöfe braucht. “Hier müssen sich die Staaten darauf einigen, damit dies umgesetzt wird“, unterstrich der Landeshauptmann, der sich auch grundsätzlich für die Tiroler Blockabfertigung aussprach: „Die Dosierung und Verflüssigung des Verkehrs ist an Tagen besonderer Verkehrsbelastung ein vernünftiges Instrument, das sinnvoll und in Abstimmung umgesetzt werden muss“.

Ein weiterer Verkehrsgipfel wird am 15. Jänner in Bozen stattfinden. Dort geht es um die Forderungen und Maßnahmen für nachhaltige Mobilität in der Europaregion Tirol-Trentino-Südtirol und Absprachen dazu. Auch für dieses Treffen hat Minister Delrio seine Anwesenheit zugesagt.

Wichtiges Thema an diesem Tag wird auch die Brennerautobahn (A22) sein. „Mit der geplanten Verlegung der A22 in den Berg können wir selbst bei steigendem Verkehr die Feinstaub- und Stickstoffbelastung drastisch reduzieren, die dritte dynamische Spur verwirklichen, kürzere Fahrzeiten in alle Richtungen erreichen, die Verkehrsströme in Bozen besser regeln und flüssiger machen und brauchen einige Infrastrukturen erst gar nicht bauen, da wir die heutige Autobahnstrecke als Erschließungs- und Zubringerstraße für die Stadt Bozen nutzen können“, unterstrich Kompatscher. Der für die Konzession vorgesehene Vorschlag für das Investitionsprogramm für die Brennerautobahn beinhalte die Verlegung der A22 mit einer halben Milliarde Euro, so der Landeshauptmann. Wenn nun das Ministerium und der interministerielle Ausschuss für Wirtschaftsplanung CIPE ein positives Gutachten ausstellen, könnte die Verlegung in zehn Jahren Wirklichkeit sein, so Kompatscher.

Für die Verlegung der Autobahntrasse in Bereich der Stadt Bozen in den Berg hat die Brennerautobahngesellschaft eine umfassende Studie, mit allen Verkehrsflüssen und-Wegen sowie Simulationen vorgelegt.

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